Na gut, wers nicht lesen will, liests einfach nicht:
Beim "Kauf" einer Lizenz eines Spieles kann es sich nicht um einen Kaufvertrag oder Werkvertrag handeln. Denn sowohl § 433 BGB, als auch § 631 BGB sprechen von einer Sache. Virtuelle Spielinhalte sind keine körperlichen Gegenstände und damit keine Sachen im Sinne des § 90 BGB.
Da ein Softwarevertrag nicht im BGB typisiert ist, dennoch aber Typenfreiheit im Rahmen der Privatautonomie besteht, handelt es sich um einen
Vertrag "sui generis" also allgemeingültiger Vertrag. Diese Vertragsart ist nicht fest definiert, sondern schaut immer danach, wo die Schwerpunkte liegen.
Nehmen wir doch den LOTUS-Simulator als Beispiel: Die Entwickler liefern eine Software, die man mit "Kauf" erwirbt. Also vorliegend einen irgendwie gearteten Scriptcode, der dafür sorgt, dass sich bspw. der GT6N so bewegt, wie er das tut. Was haben wir also für Elemente aus den Sachgebieten? Man wirds kaum glauben, es sind viele:
Kauf - Vom Kaufvertrag kommt dieses simple Prinzip: Geld gegen Sachleistung. Zwar ist das hier keine Sache, wie oben festgestellt, es fungiert aber quasi wie eine solche.
Miete - Ja tatsächlich, gerade bei LOTUS relevant. Wir beanspruchen die Leistung, um bspw. modden zu können, wir mieten das Programm auf Lebenszeit,
denn den Scriptcode als eigenständiges Objekt bekommen wir nicht, aber er wird in der Anwendung verwendet.
Werk - Hier kommt der EA-Gedanke hinzu. Natürlich bringen wir uns nach unseren Wünschen ein und erwarten am Ende die Vollversion. (sogenannter Erfolg)
Pacht - Ja wer hätte es gedacht, die Früchte (§ 99 BGB) ernten wir auch. Heißt, dass was uns das Programm am Ende ausspuckt, wenn wir dies und das scripten, steht zu unserer freien Verfügung, wenn wir das Produkt erworben haben und ist Rechtsfrucht aus dem Programm.
Ihr seht also, 4 verschiedene Vertragsarten, die passend zusammengerührt werden müssen, dass daraus eine Art wird.
Setzen wir also Schwerpunkte, wo es hier drauf ankommt und suchen uns dann die dazu passenden Rechtsgedanken und Normen.
Zum Kauf - Wenn wir bezahlt haben, wollen wir was auf dem PC haben. Somit müssen uns die "Daten" übereignet werden. Hier kommt die sachenrechtliche Komponente ins Spiel. Keinesfalls zählt das als "Eigentum", denn das kann man bei Käufen nur an Sachen begründen, wenn die Voraussetzungen der §§ 929 ff. BGB vorliegen. Die Rechtsprechung ist aber großzügig zu uns und gewährt uns einen sogenannten "immateriellgüterrechtsähnlichen Schutz". Das heißt, dass virtuellen Programmen ein Vermögenswert zukommt, der durch die Übereignung uns übertragen wird.
Zur Miete - Hier ist etwas restriktiver vorzugehen. Schließlich haben wir hier eine "Life-Time"-Lizenz. Das heißt, die Kündigungsvorschrift des § 543 BGB dürfen wir hier nicht nehmen, wohl aber den § 540 BGB, (Gebrauchsüberlassung an Dritte) sofern dies in den AGB so gewünscht wird.
Das Programm darf hier also im Rahmen einer außerordentlichen "Kündigung" nur entzogen werden, wenn damit Straftaten, insbesondere Urheberrechtsverletzungen begangen werden.
Zum Werk - Ja jetzt kommen die wichtigen Vorschriften, beginnend bei § 633 BGB. Die Sach- und Rechtsmängel. Hier müssen wir erstmal wieder das Problem mit der Sache überwinden. (siehe bei Kauf) Vorliegend kann man dann aber sagen, dass die Tatbestände des Sachmangels hier einfach als Rechtsmängel gelten und zwar in der Form, dass wir die versprochenen Features erhalten. Großes Problem dabei ist, dass die werkvertraglichen Vorschriften eigentlich nur bei individuellen Leistungen Anwendung finden. Hier sprechen aber gerade 2 Argumente für eine Anwendung: 1. Durch den Early Access werden Vorschläge eingebracht, die für den Nutzer, der es im EA gekauft hat, als individuell erscheinen. Denn er weiß bei Kauf noch nicht, was kommt und wie es konkret kommt.
2. Zahlt der Kunde den Endpreis am Anfang einer Entwicklung natürlich nur, wenn er dafür auch das bekommt, was der Endnutzer bekommt, bzw. hier auch, was ihm als Features versprochen werden. Darauf richtet sich vorliegend seine Willenserklärung. (Rechtsbindungswille) Ich, XY, zahle 39,99€ dafür, dass ich die Funktionen jetzt schon nutzen kann und die mir am "Kauf"tag versprochenen Features am Ende zur Verfügung stehen.
Außerdem ist es am Ende ziemlich egal, ob nun Werk- oder Kaufgewährleistungsrecht. Sie sind sich sehr ähnlich.
Nimmt man Werkrecht, kann man die (Teil-)"Abnahme" (§ 640 BGB) fingieren, indem man die Widerrufsfrist (§§ 355 ff. BGB) ohne Tun verstreichen lässt.
Zur Pacht - Hier reicht lediglich der Verweis auf § 581 BGB, der uns die oben erläuterten Früchte zukommen lässt.
Jetzt haben wir uns ein Päckchen geschnürt, was wichtig ist. Die wesentlichen Ergebnisse hier nochmal kurz zusammengefasst:
1. Sofortiger, lebenslanger Zugang zum Inhalt (soweit vertraglich zugesichert)
2. Anspruch auf alle versprochenen Features (Erfolg)
3. virtuelle Gegenstände sind keine Sachen, aber immateriellgüterrechtlich geschützt. (Sachbegriff)
Und 4. aus der Sicht der Entwickler Urheberschutz und beharren auf Einzelnutzung (§ 540 BGB)
Jetzt kommt noch das sehr problematische Thema des geschuldeten Fertigstellungszeitpunkts zur Ansprache:
Klar ist, wenn wir zum Verzug kommen, haben wir einen Anspruch auf Verzugsschäden. Aber welchen materiellen oder auch immateriellen Schaden erleiden wir denn?
Leider keinen, es sei denn ein anderer Entwickler setzt sich an unseren Rechner und macht kostenpflichtig das Programm fertig. Da, das keiner können wird, fällt das raus. Strafschadensersatz wie in Amerika gibt es nicht. In Deutschland gilt die Naturalrestitution. (§ 249 BGB) Jeder ist so zu stellen, wie er ohne das Hindernis wäre. Problem: Hier liegt praktische Unmöglichkeit (§ 275 BGB) zur Fertigstellung vor, weil das nicht von jetzt auf gleich geht. Das würde uns zu § 326 BGB führen, wonach das Geld nicht zu entrichten, hier, zurückzuzahlen wäre. Nächstes Problem was auftaucht: Wir haben eine Teilunmöglichkeit, das Gesetz verweist uns auf § 441 BGB, die Minderung. Auch hier problematisch, ich muss ja prozentual das mindern, was fehlt, es kommt aber immer wieder was dazu.
Daher ist das allgemeine Leistungsstörungsrecht nicht anwendbar, weil hier eine speziellere Regelung vorliegt. (lex specialis) Hier die Nacherfüllung. (§ 439 BGB)
Da müssen wir ne angemessene Frist setzen und die ist entsprechend lang bei dem Entwicklungszustand, bringt uns auch nichts.
Also Schadensersatz oder Kaufpreisminderung scheiden aus.
Was bleibt? Der Rücktritt, denn die Anfechtung ist verfristet, weil wir jz schon länger wissen, was Sache ist und ein Irrtum über die Features von der Rechtsprechung als unbeachtlicher Motivirrtum und nicht als Eigenschaftsirrtum des § 119 II BGB angesehen werden, zudem ist das Leistungsstörungsrecht wieder spezieller. Wir treten vom Vertrag nach § 323 BGB zurück und tauschen die Leistungen im Rückgewährschuldverhältnis (§§ 346 ff. BGB) wieder aus. Natürlich ist alles zu löschen, denn das ist Restbereicherung, die sonst über §§ 346, 812 BGB herausgefordert werden kann. Aber auch für den Rücktritt muss ich die Frist setzen. Aber halt: Sowohl § 437 BGB aus dem Kaufrecht, als auch § 638 BGB haben systematisch die Nacherfüllung als erstes Recht, was auch genutzt werden muss, weil jeder "Verkäufer" das Recht der zweiten Andienung haben soll. Hier wieder Naturalrestitution vor Schadensregulierung. Mist, kommen wir auch nicht weiter.
Einzig denkbar ist also nur Schadensersatz neben der Leistung. Hier der Verzug nach § 286 BGB und das ist bei immateriellen Schäden sehr restriktiv anzuwenden. Einzig und allein kann eine Entschädigung dann aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) angenommen werden, wenn wir nach Maßgabe des relativen Fixgeschäfts sagen, dass wir durch die Verzögerung aus dem Alter raus sind, LOTUS zu spielen, oder dass die ursprünglich veranlagte Engine nicht mehr zeitgemäß ist, also wir den Computer und die Betriebssoftware so gewechselt haben, das LOTUS nicht mehr funktioniert, weil es zu alt ist.
Da LOTUS jedoch für mehrere Altersgruppen da ist, wird das ganz schwierig nachzuweisen sein. Außerdem dürfte es sehr lange dauern, bis ein solches Alter
erreicht ist, dass man sagen kann LOTUS ist nicht mehr spielbar oder faktisch nicht mehr mit mindestens den gleichen Voraussetzungen spielbar.
Außerdem ist das Datum sehr unbestimmt gewesen und bestimmt iwo im Kleingedruckten darauf hingewiesen worden, dass sich das jederzeit nach hinten verlagern kann.
Noch zu beachten ist, dass auch die AGB dieser Vertragsart einer Prüfung nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen und da entsprechend durch nichtig werdende Vorschriften (§ 306 BGB) entsprechende Rechtsbeschneidung festgestellt wird. Das mit der nach hinten Verlagerung ist auch keine überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB, da es für ein EA eine doch eher gängige Klausel ist, weil man, gerade sowas wie Corona bei einer langwierigen Entwicklung, nie vorhersehen kann
Wird die Entwicklung eingestellt/beendet, bevor nicht alle Features da sind, dann steht Tür und Tor für alles offen. Es bedarf wegen ernsthafter und endgültiger Verweigerung seitens der Entwickler keiner Frist mehr und es kann zurückgetreten oder gemindert werden, sowie Schadensersatz für im Vertrauen auf das fertig werdende Spiel gemachte Aufwendungen verlangt werden. Auch ist es eine unerlaubte Handlung (§ 823 BGB) und sorgt auch nach der Insolvenz zu keiner Restschuldbefreiung. (§ 302 InsO)
Aber das Verschieben des Endrelease ist, auch wenn es nicht von Expertise zeugt, leider zulässig bzw. führt zu keinem Anspruch. Hier greift Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann in die Rechtsgrundsätze ein, wenn es so extrem ist, dass das als bewusste/arglistige Täuschung durchgeht. Dann ist zumindest die Rückgabe für den vollen Preis möglich. Auch nach dem 2 bis 3-fachen der veranlagten Entwicklungszeit (je nach Umfang) wird man über ein Rückgaberecht nachdenken können. Hierzu ist aber, um nochmal auf die Miete Bezug zu nehmen, warum die mit drin ist, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Die würde aber nach dem jetzigen Stand wohl maximal 5€ betragen, da die Software sich ja im Gegensatz zu nem Auto nicht abnutzt. (vgl. §§ 994-996 BGB)
Wer jetzt noch bei mir ist, der sollte sich überlegen, nicht doch Jura zu studieren.
Den Rest dürfte ich jetzt kreisende Sterne und ein Bahnhofsymbol verpasst haben.
Tut mir leid, aber ging nicht wirklich kürzer, wenn man die gesamte Argumentationskette aufgreifen will.