Ich arbeite schon seit längerem in Hobbyprojekten mit Unity (und C# in anderen Kontexten) und finde, dass der Weg nur die einzig logische Konsequenz ist.
Wer mitliest, ich habe mich ja schon öfters darüber geäußert, dass der Kern (inkl. der Engine) aus meiner Sicht nicht zu retten war (war er auch schon mit OMSI nicht). Allein was man sich mit dem Wechsel der Programmiersprache einhandelt ... ein Quantensprung. Von einer grauenvollen Uraltsprache, die heutzutage niemand mehr kann oder (freiwillig) lernt zu einer aktuellen Programmiersprache, die aktiv weiterentwickelt wird. Die vielen schönen Konzepte (z.B. Nebenläufigkeit, Coroutinen, ...) und syntaktischer Zucker von C# kommen gerade der Spieleentwicklung zugute. Noch dazu gibt es große Toolunterstützung mit Optimierungsmöglichkeiten, Warnungen vor häufig gemachten Fehlern (z.B. Nullsicherheit) usw. Selbst wenn das den Moddern nicht zugute kommen muss (eigene Skriptsprache), dem LOTUS-Kern und den LOTUS-Entwicklern schon. Ich denke, wenn man das ordentlich aufzieht, kann man das Spiel viel robuster und performanter machen.
Kurzum: Eine moderne Basis, die dem Stand der Technik entspricht.
Assets in Unity zu importieren und ähnliche Screenshots zu erstellen kann fast jeder in ein paar Stunden und einem Youtube-Tutorial als Hilfestellung.
Das kann auch ein Vorteil sein. Gerade wenn es um die Content Entwicklung geht, ist die LOTUS-Engine mMn nicht gut aufgestellt. Gibt man das an Unity ab, hat das auch für die Community Vorteile (unter der Prämisse, dass Content auch unter Unity entwickelt wird):
- Es gibt eine Fülle an fertigen, kostenlosen Modellen (oder für wenig Geld), die sich sehr einfach in Unity-Spiele bringen lassen.
- Die Sammlung an Tutorials, Anleitungen, Hilfestellungen, ... im Internet ist riesig.
- Der Editor hat sich jahrelang bewährt. Das System funktioniert einfach. Die Qualität der Tools ist eine ganz andere.
Was noch dazukommt: Nicht nur zu Unity, auch die Ressourcen zu C# sind im Internet quasi unendlich vorhanden. Ich persönlich halte C# schon seit vielen Jahren als die beste Sprache für Spiele. Man merkt bei der Arbeit, wie ausgereift das System ist.
Bleibt natürlich die Frage der Physik. Wie gut ist Unity hier auf "hardcore" trimmbar? Die Bussim-Reihe basiert ja auch auf dieser Engine und ist eher ein Beispiel zum Abgewöhnen. Sicherlich eine Frage der Arbeit, die man reinstecken möchte. Zumindest werden wir in LOTUS keinen Drehzahlmesser bekommen, der im Stand auf Null sinkt, während der Motor weiterläuft.
Grundsätzlich ist jede Engine "auf hardcore" trimmbar. Was man mit OMSI geschafft hat, lässt sich auch mit Unity oder Unreal machen. Es ist alles eine Frage der Zeit und des Aufwands. Unity ist ja auch nur eine Umgebung, um die man seinen eigenen Programmiercode schreibt, um zum Ziel zu kommen. Wenn man mehr Code schreibt, wird's tiefer, wenn man weniger schreibt und sich Arbeit spart, nimmt man halt Sachen von der Stange (z.B. Shader). Eigentlich gibt's nichts, was sich mit den fertigen Engines nicht umsetzen ließe. Selbst Dinge, die mit herkömmlicher Physik oder auf der Erde gar nicht möglich wären. Alles, was man berechnen kann (und so etwas wie Fahrdynamik lässt sich natürlich berehnen), kann man auch mit fertigen Engines umsetzen. Man muss nur den Code schreiben, der das berechnet und anhand derer Bewegungen vornimmt.
Und natürlich das Thema Modifikation. Fertige Engines sind hier ja immer... speziell. Ich gehe aber davon aus, dass das hier kein großes Problem darstellt, sonst hätte man sich ja nicht zu diesem Schritt entschieden.
Abseits der Simulationen zeigen viele Entwickler, dass sich Modifikationen und Unity/Unreal nicht ausschließen. Citites:Skylines wäre da ein Beispiel. Dafür gibt es Mods wie Sand am Meer, die auch tiefer in die Spielmechanik eingreifen.
Übrigens: Ausgerechnet auf Unity lol, hatten die nicht nen Riesigen Shitstorm wegen deren Preismodell?
Die Ankündigung von Unity kam vor ein paar Wochen, da gab es den LOTUS-Plan vermutlich schon länger. Zwar sind solche Aktionen auch immer Wachrüttelungen, sich in die Abhängigkeit eines Herstellers zu begeben ... Aber was soll man auch machen? Unreal hat auch eine Preispolitik, die sie ebenfalls ändern könnten. Und Open-Source Lösungen sind noch lange nicht so gut, weil Geld natürlich auch Know-How bindet.
Einsicht, dass der Weg der eigenen Engine jahrelang wohl ein Fehler war, liest sich anders
"wir haben mit unserer neuen Entwicklungsumgebung ein Werkzeug, das uns tatsächlich beim Programmieren unterstützt" Das liest sich schon wie ein Seitenhieb zum bisherigen Vorgehen.
TLDR; Finde diesen Schritt gut. Funktions-/Simulationstechnisch wird es aufgrund der Engine alleine keine Beschränkungen in der Tiefe geben (auch wenn man das angesichts der Simulationen auf dem Markt vielleicht glauben möchte). Weiteres muss jetzt die Zukunft zeigen.